51 Victoria, Vancouver

[03.05.2003] Jasper -> Vancouver…

Es war noch immer bedeckt, aber es schneite nicht mehr. Heute Nachmittag wollte ich den Zug nach Vancouver nehmen.

Ich hab mir noch gedacht, ich könnte heute morgen noch zum Whistlers Mountain hinauffahren. Aber er hatte so einen Wolkenhut, sodass es wohl keine gute Aussicht haben wird. So schrieb ich halt Tagebuch.

Kurz vor 13 Uhr kam der Shuttlebus, der mich nach Jasper bracht. Ich lernte Dan kenne, der auf der Rückreise von einem Praktikumsaufenthalt in Toronto war. Wir waren auf dem gleichen Zug, im gleichen Hostel, aber lernten uns erst bei der Abreise kennen.

Nachdem ich mich noch mit Lebensmittel eingedeckt hatte, wartete ich mit Dan am Bahnhof, dass man uns auf den Zug liess.

Zu uns stiess noch Yanya, eine Kollegin von Dan, die er auf der Hinreise kennen gelernt hatte.

Als das Gate öffnete, rannten wir zu den Economy Class Wagen, deponierten unser Gepäck auf den Sitzen und durchquerten schnurstracks einige Wagen, bis wir zum Skydome kamen, ein Doppelstockwagen. Wir ergatterten uns ein paar Sitze oben, wo wir eine herrliche Aussicht auf die Umgebung hatten. Der Skydome ist eine Glaskuppel, die über die normale Wagenhöhe reicht. Da es nur Dieselloks gibt, spielte die Höhe der Wagen keine Rolle.

Um 15:15 fuhr der Zug los, die 900 km lange Strecke nach Vancouver zurückzulegen.

Von der Kuppel hatte man wirklich eine tolle Aussicht. Schade, dass es Hochnebel hatte. Immerhin nur hoch. Vor bei an verschneiten Bergen, Flüssen, kleine Seen. Auch Wildtiere hatte es am Weg. Einige Elks und sogar einen schwarzen Bären hab ich gesehen.

Hin und wieder kreuzten wir einen Frachtzug, der in Canada mehr Priorität hat, als ein Passagierzug. Gezogen von 3 bis 4 Loks mit mehr als 100 Wagen. Jeder Wagen beladen mit bis zu 2 Containern. Endlose Schlangen. Unser Zug war mit 31 Wagen auch nicht gerade kurz.

Irgendwann stellten wir noch die Uhr um eine Stunde zurück und gegen 21 Uhr machte ich mich auf den Weg zu meinem Sitz. Ich hab mir einen Sitz bei der Toilette und beim Abfalleimer sichern können. Nicht das ich scharf darauf bin. Aber hier hatte es viel Platz für Gepäck und meine langen Beine. Ich legte meinen Rucksack vor mich hin, Sitz zurück und hatte ein mehr oder weniger komfortables Bett.

[04.05.2003] -> Vancouver -> Victoria, Dan’s Family

Bereits um 5:30 wurde ich von der energetischen Zugsbegleiterin geweckt, die herumscharwenzelte und aufzuräumen begann. Da half kein Ohropax mehr.

Gegen 8 Uhr kamen wir in Vancouver an. Dann lebt in Victoria auf Vancouver Island. Das war die Gelegenheit, anstatt lange suchen zu müssen und herausfinden, wie was funktioniert.

Ursprünglich hab ich gedacht, dass ich zuerst in Vancouver bleibe und dann nach Victoria gehe und wieder zurück. Aber das haut dann mit der verfügbaren Zeit nicht mehr hin.

Yanya kam auch mit, nur für ein paar Stunden, um dann wieder zurück nach Vancouver zu kommen und morgen wieder auf eine Tour durch die Rocky Mountains zu gehen, woher sie heute gerade gekommen ist. Eine komische Reiseplanung.

Nun denn, wir nahmen den Skytrain, steigen auf einen Bus um und 2 Stunden später waren wir am Ferry-Terminal.

Die Überfahrt dauerte 1.5 Stunden. Es war bewölkt und regnerisch. Wir haben sogar Hoheitsgewässer der Vereinigten Staaten überquert. Washington liegt gleich daneben.

In Swartz Bay (30 km von Victoria) wurden wir von Dans Vater abgeholt. Anstatt nach 4 Monaten alleine zurückzukommen brachte er noch 2 Freunde mit.

Bei ihnen zuhause nahmen wir eine Tasse Kaffee bevor Dan uns mitnahm Victoria zu zeigen. Der Countdown für Yanya tickte.

Zuerst checkte ich in der Jugendherberge ein. Eigentlich hätte ich auf eine Kollegin treffen sollen, die mir in Neuseeland bereits 3 Mal über den Weg gelaufen ist. Im Mail las ich dann, dass sie mehr im Norden unterwegs ist und morgen abfliegt. Haarscharf verpasst.

Victoria ist eine schöne Stadt. Wir liefen am Hafen entlang, sahen viele Wasserflugzeuge und Boote. Der Bau des schönen Empress Hotels mit dem schönen Efeu beeindruckte mich. Hier könnte man einer Teezeremonie nach alt-englischer Tradition teilnehmen. Tee, Cream, Biscuits, Scones, Beeren etc. Mit $46 aber nicht ganz billig.

Nebenan das Parlamentsgebäude von British Columbia. Nicht Vancouver auf dem Land mit 2 Mio. Einwohner, sondern Victoria auf einer Insel mit 300’000 Einwohner ist die Hauptstadt.

Yanya kaufte sich noch ein paar Souvenirs bevor wir sie nach ihrem 3stündigen Victoria Aufenthalt wieder auf die Fähre brachten.

Ich war zum Nachtessen bei den Eltern von Dan eingeladen, was ich gerne annahm, obwohl ich zuvor grosse Bedenken bekundete, da Dan doch erst zurück gekommen ist und die Familie ihn vielleicht geniessen möchten ohne einen Fremden. Scheinbar machte es ihnen aber nichts aus. Es hat mir jedenfalls vorzüglich geschmeckt.

[05.05.2003] Orcas

Wow, blauer Himmel und Sonnenschein. Scheinbar bin ich doch nicht der Rainman (wahrscheinlich war Yanya das Raingirl ;-).

Wo soll ich heute anfangen? Victoria hat soviel zu bieten.

Ich lief durch die vielen schönen Strassen und bewunderte die schönen Bauten. Die haben sogar ein kleines Chinatown. Was ich aber nicht begriff, warum die Löwen dann spiegelverkehrt standen, wie ich es eigentlich von China gewohnt war? Die Chinesen müssten das doch wissen.

Ich ging zum Beach, wo es zwei grosse Kreuzfahrtschiffe hatte (scheinbar auch eines mit amerikanischen Studenten, die auf dem Boot Unterricht haben und eine Weltreise machen). Von hier hat man einen guten Überblick über die Meerstrasse und gegenüber war bereits Amerika.

In der Nähe hatte es eine Tauchbasis. Scheinbar ist die Gegen hier wirklich sehr schön zu betauchen. Leider machen sie nur Weekendtrips und unter der Woche könnte ich morgens im Breakwater am Hafen einen Tauchgang machen.

Ich wollte noch die Orcas sehen, die hier leben. Ich buchte eine Waltour, die zu ihnen hinausfährt.

Eingepackt in einen dicken Overall liefen wir zum Hafen hinunter. Wir sahen aus wie Teletubbys.

Wir bestiegen ein Zodiac, ein extrem pferdestarkes Gummiboot mit festem Boden. Das wird eine heitere Fahrt.

Wir bretterten 45 Minuten lang die Küste entlang. Die Wirbelsäule lässt grüssen. Es hatte ziemlich Wellengang. Meine Nachbarin bekam recht viel Salzwasser ab.

Dann fanden wir sie auch. Es gibt 3 Communities von Orcas hier an der Küste. Diese hier jagen vor allem Fisch.

Wir fuhren mit Boot in ihren Weg und stellten den Motor ab. Motorenlärm mögen sie scheinbar gar nicht. Würde ich auch, wenn 150 Boote im Hochsommer um mich herum kurven würden. Jetzt hatte es nur 10.

Dann sahen wir sie. Sie kamen langsam näher. Etwa 10 Orcas schwammen nebeneinander an uns vorbei.

Wir fuhren in einem grossen Bogen wieder an die Spitze und hofften auf eine Nahe Begegnung. Ein Segelboot, das mit Gästen herumfährt hatte einen tollen Platz und die Orcas schwammen direkt daneben. Wäre wahrscheinlich gemütlicher gewesen für mich und ich wäre mal wieder segeln gewesen.

Die Orcas schwammen an uns vorbei. Man sah nur die grosse Rückenflosse mit ab und zu einem bisschen Oberkörper. Der Vater des Clans war riesig. Keiner der Orcas konnte sich jedenfalls zu Sprüngen durchringen. Scheinbar waren sie sauber genug.

Das war’s dann auch schon. Auf der Rückfahrt besuchten wir noch ein paar Biber und Seehunde. Bei den Biber sahen wir einen Bald Eagle aus nächster Nähe. Das war schon was Besonderes. Heroisch und majestätisch.

Auf der Rückfahrt bekam ich dann das meiste Wasser ab, wurde aber innen nicht ganz so nass wie meine Nachbarin.

Am Abend speiste ich noch in einem veganischen Buffet Restaurant. War vorzüglich. So viele feine Speisen.

[06.05.2003] Victoria -> Vancouver

So, die Zeit wird knapp. Zeit, wieder nach Vancouver zurückzufahren. um noch was von diesem Ort zu sehen.

Leider verpasste ich den öffentlichen Bus, der zur Fähre fuhr um wenige Minuten. Ich hatte aber keine Lust, zwei Stunden bis zur nächsten Fähre zu warten. So kaufte ich mir ein Ticket bei einem Touroperator, der von Victoria via Fähre nach Vancouver fährt.

Im Gegensatz zur Hinfahrt, hatte ich auf der Fähre nun bestes Wetter. Wirklich schön, wie das Boot zwischen den vielen kleinen Inseln hindurch fährt.

Vom Hafen bis in die Stadt dauerte es fast eine Stunde. Am Bahnhof wartete ich auf den Shuttle der Jugendherberge. Nach einer Viertelstunde kam er dann auch schon. Anstatt uns zuerst in der Stadt abzuladen fuhr er aus der Stadt hinaus zu einer anderen Jugendherberge, wo niemand hin wollte. Von der Jugi wollte aber niemand in die Stadt. So hatte ich eine kleine Stadtrundfahrt bevor ich im Zentrum eincheckte.

Eigentlich hatte ich vor, noch so viel wie möglich zu sehen, aber ich wollte noch meine morgige Fahrt nach Calgary sicherstellen.

Nach einigem hin und her, Internet und Überlegungen ging ich ins Reisebüro für Studenten. Hier offerierte man mir ein Flugticket nach Calgary für CAD 104 ohne Taxen. Alles wird hier ohne GST (MWST) angegeben. Ein Busticket kostet CAD 110 und dauert 15 Stunden. Das Flugticket nehme ich. Die Überraschung war aber, dass noch weitere Taxen hinzukamen wie Flughafentaxen. Wieder mal reingefallen. Macht nichts, immer noch günstig genug.

Nun machte ich mich auf den Weg, die Stadt zu erkunden. Bei der Anfahrt war ich beeindruckt von den Wolkenkratzern vor der Bergkulisse. Die hab ich bei meiner Ankunft vor zwei Tagen gar nicht gesehen.

Im Zentrum hatte es einige grosse Shoppingcenter. Aber ich fand das Kaufpreisniveau nicht billiger als in der Schweiz. Kauf ich besser in der Schweiz ein. Hab sowieso zuviel Gepäck dabei.

Im Chinesenviertel besuchte ich das schmalste Bürogebäude laut Guinnessbuch. Einem Chinesen wurde sein ganzes Land bis auf einen kleinen Rest von 1.8 m enteignet. Er aber baute zum Trotz das schmalste Gebäude (mit ausladenden Fenstern, die auf den Gehsteig hinausreichten) der Welt.

[07.05.2003] Vancouver, IMAX, Aquarium, Public Library

Heute ist grosser Erkundungstag. Es gibt viel zu sehen. Mit der Tagesstreckenkarte fuhr ich in die Nähe des Stanley Park, ein 405 Hektar grosser Park mit schönen Spazier- und Velowegen. Mein Ziel war das Vancouver Aquarium, eines der grössten Aquarium der Welt mit tausenden von Fischen u. a. Delphine, Robben, Seelöwen, Haie und sogar Wale.

Schon durch den Park hörte ich das Geschrei von Schulklassen die vom Aquarium kamen oder hingingen. An der Kasse erfuhr ich, dass noch einige angekündigt waren. Nach dem Mittag würde es ruhiger sein. Also ging ich wieder, um zuerst noch das IMAX zu sehen bevor ich wieder zurückkam.

Im IMAX, das im Stadtzentrum liegt sah ich mir Bugs Life an. Eine riesige Leinwand und mit Spezialbrillen erlebte ich das Leben der Käfer, Raupen und anderem Getier in 3D. War noch schön, wie sich die kleine Raupe in einen Schmetterling verwandelte.

Nach dem Kino ass ich in einem Vegi-Restaurant zu Mittag. Soviel ich wollte. Mal wieder genug Kalorien und andere Baustoffe, die ich bisher vernachlässigte.

Wieder zurück im Aquarium hatte es schon viel weniger Leute, sodass ich die Ausstellung richtig geniessen konnte. Von den vielen kleinen Rifffischen bis zu Muränen und Haie hatte es allerhand zu sehen. Es hatte auch eine Spezialausstellung über die heimische Faune und Flora. Hätte nicht gedacht, dass es da soviel zu sehen gibt. Eine weitere Spezialausstellung thematisierte den südamerikanischen Amazonas. Ein künstlicher Regenwald in dem es jede Stunde einmal schüttet hatte es auch. Mich beeindruckte aber ein 2.5 m langer Riesenfisch. Hab den Namen leider schon wieder vergessen, aber es war ein schönes Tier.

Draussen hatte es ein Becken für Delphine, Seelöwen, Seehunde und sogar für Belugawale. Bei jedem Becken konnte man Treppen hinuntersteigen und hinter einer Glasfront die Tiere beobachten.

Kurz vor Schluss gab es noch eine Show mit den Belugawalen. Die sind ja so was von schön. Nicht wie bei anderen Fischen wo der Kopf mit dem Körper verschmolzen ist, haben Belugawale einen Kopf, den sie vor und zurück, sowie seitlich bewegen können. Wie wir. Die Kinder hatten ihren Spass, wenn die Belugas auf Befehl, das Publikum bespritzte.

Dann fuhr ich wieder zurück in die Stadt und besuchte die öffentliche Bibliothek, die dem römischen Colloseum nachgebaut wurde. Die Architektur war sehr schön.

Ich setzte mich auf eine Bank, studierte in meinen Broschüren und hatte langsam den Eindruck, es wäre an der Zeit nach Hause zu gehen. Gestern hatte ich noch das Gefühl, dass meine kommende Rückreise in die Schweiz wie ein weiterer Halt auf einer noch längeren Reise ist. Heute hatte ich genug. Ist Zeit, dass ich nach Hause komme.