Bin heil und munter in Irkutsk angekommen. Es war eine tolle Fahrt.
Am letzten Mittwoch bin ich am Abend von meiner Gastfamilie abgereist, die mich verwöhnt hatte.
Als ich aus der Metro kam, sah nichts nach einem Bahnhof aus. Eher wie in einem Markt. An der Hauptstrasse gab es viele grosse Gebäude und durch eine kleine Türe sah ich Leute mit Gepäck hineingehen. Könnte vielleicht ein Bahnhof sein, also hinterher. Wow. Richtig gross sah es innen aus. Aber für mich war es der falsche Bahnhof. Dieser war für den Westen Russlands gedacht und nicht für den Osten. Also, wieder hinaus und weitersuchen. In der Nähe hatte es auch Gleise, die aber durch Gitter abgesperrt waren. Privatbahnhof?!? Ganz zuhinterst gab es 4 einsame Gleise und auf dem letzten war mein Zug.
Die Provodnidsa kontrollierte genaustens mein Ticket, bevor ich einsteigen durfte. Ich war zuerst in meinem Abteil und konnte mein Gepäck unter dem Bett verstauen. Bald kamen auch Dimitri und Max (Gorol), meine zwei jungen russischen Nachbarn, die kein English sprachen. Sie kamen gerade vom Urlaub am schwarzen Meer. Der letzte Platz blieb zu meinem Glück leer.
Wir verstanden uns auch ohne Worte sehr gut und führten gestikulierend interessante Gespräche. Schoggi mochten sie sehr. Später tranken wir Wein uns spielten Poker.
Im Bett hatte ich diagonal gerade Platz und um 2 Uhr gingen wir schlafen.
[11.-15.09.2002] Das Leben im Zug
Das Leben im Zug ist sehr gemütlich. Wir haben nun 5000 km durchfahren und 5 Zeitzonen vorgeholt. Dadurch hatten wir nur 22 – 23 Stunden Tage. Das heisst gleich viel Schlaf, aber immer später aufstehen. Insbesondere meine Nachbarn pennten ewig. Sogar viel mehr als ich.
Im Abteil gibt es vier Betten; zwei unten und zwei oben. Normalerweise kann man bequem sitzen. Da ich aber recht gross bin, klappte ich das obere leere Bett hinauf (welch ein Glück).
Die Fenster sind geschlossen, weil es eine Klimaanlage hat. Dadurch werden die Fenster je länger je dreckiger. Also keine hübschen Fotos aus dem Zug von der Taiga. Am Fenster hängen nette Gardinen, die aber die Sicht nach draussen massiv einschränken. Am besten gleich abmontieren oder irgendwo anbinden.
Es hat Licht und einen Lautsprecher, von dem man mit Radio berieselt wird, falls man nicht gerade in der Wildnis ist. Selbst mit meinem Weltempfänger hatte ich keine Sender hineingekriegt.
Pro Wagen gibt es zwei Toiletten und ein Samowar, aus dem man 90 Grad warmes Wasser für Tee, Kaffee oder Suppen herauslassen kann.
Zwei Provodnidsas sind für die Sicherheit der Gäste und die Sauberkeit des Wagens verantwortlich. Zwei Mal pro Tag wird gestaubsaugt und nach Bedarf Toiletten geputzt und Abfall geleert. Auf sie muss man auch achten, wenn man am Bahnhof spazieren geht. Die Abfahrt wird nicht angekündigt, sondern der Zug fährt einfach ab. Sie wissen am besten, was die Zeichen der bevorstehenden Abfahrt sind. Ein Schokoladengeschenk wirken Wunder.
Einen Speisewagen gibt es auch, der für das leibliche Wohl und die Geselligkeit da ist.
Hab einen Tag vor meiner Ankunft gehört, dass es auch einen Wagen mit Duschen gäbe. Hab aber nicht mehr danach gesucht.
Ich habe einen sehr guten Zug erwischt (Nr. 10). Mir mangelte nichts und die Angestellten gaben sich grosse Mühe. Hab gelesen, dass das nicht in jedem Zug der Fall ist.
Alle paar Stunden hält der Zug mal in einem Nirgendwo für 2 Minuten an, 2 – 3 Stopps pro Tag für 20 Minuten in grösseren Städten. Zeit, die Beine zu vertreten, einige Lebensmittel bei den fliegenden Händlern einzukaufen, vielleicht ein paar Süssigkeiten zu probieren und Fotos zu machen.
Landschaftlich sieht man fast nur Wald. Ab und zu ein paar Grasflächen, Hügel und Bäche. Man sieht auf dem Weg einige kleine Dörfer, die Häuser aus Holz haben und eine Naturstrasse.
Sehr viel Einsamkeit und Leere.
Man findet dadurch genügend Zeit, andere Leute kennen zu lernen, Karten oder Schach zu spielen und zu essen und zu trinken. Falls man immer noch Zeit hat, kann man noch was lesen. Am ersten Tag hab ich einen Thriller gelesen, aber seither nicht viel Nennenswertes.
Zeit hat noch eine andere Dimension. Alle Züge fahren nach Moskauer Zeit. Aber das Restaurant richtet sich generell nach Lokalzeit oder nach der Sympathie der Gäste. Uhren werden nach belieben umgestellt. Einige leben nach Moskauer Zeit (so wie ich. Wollte wissen, wo wir wann ankommen und wie viel Zeit ich habe). Andere nach Lokalzeit und ein paar nach ihrer eigenen Zeit. Zeit ist im Zug ein relativer Begriff.
Ich habe nun eine Woche Zeit, den Baikalsee zu besuchen und andere Dinge zu tun, bevor ich die nächste Etappe nach Ulan Bator in der Mongolei in den Angriff nehme. Ich hab hier auch keinen Natelempfang, somit keine SMS.
Sep 15 2002
#04 Transsibirische Eisenbahn
Bin heil und munter in Irkutsk angekommen. Es war eine tolle Fahrt.
Am letzten Mittwoch bin ich am Abend von meiner Gastfamilie abgereist, die mich verwöhnt hatte.
Als ich aus der Metro kam, sah nichts nach einem Bahnhof aus. Eher wie in einem Markt. An der Hauptstrasse gab es viele grosse Gebäude und durch eine kleine Türe sah ich Leute mit Gepäck hineingehen. Könnte vielleicht ein Bahnhof sein, also hinterher. Wow. Richtig gross sah es innen aus. Aber für mich war es der falsche Bahnhof. Dieser war für den Westen Russlands gedacht und nicht für den Osten. Also, wieder hinaus und weitersuchen. In der Nähe hatte es auch Gleise, die aber durch Gitter abgesperrt waren. Privatbahnhof?!? Ganz zuhinterst gab es 4 einsame Gleise und auf dem letzten war mein Zug.
Die Provodnidsa kontrollierte genaustens mein Ticket, bevor ich einsteigen durfte. Ich war zuerst in meinem Abteil und konnte mein Gepäck unter dem Bett verstauen. Bald kamen auch Dimitri und Max (Gorol), meine zwei jungen russischen Nachbarn, die kein English sprachen. Sie kamen gerade vom Urlaub am schwarzen Meer. Der letzte Platz blieb zu meinem Glück leer.
Wir verstanden uns auch ohne Worte sehr gut und führten gestikulierend interessante Gespräche. Schoggi mochten sie sehr. Später tranken wir Wein uns spielten Poker.
Im Bett hatte ich diagonal gerade Platz und um 2 Uhr gingen wir schlafen.
[11.-15.09.2002] Das Leben im Zug
Das Leben im Zug ist sehr gemütlich. Wir haben nun 5000 km durchfahren und 5 Zeitzonen vorgeholt. Dadurch hatten wir nur 22 – 23 Stunden Tage. Das heisst gleich viel Schlaf, aber immer später aufstehen. Insbesondere meine Nachbarn pennten ewig. Sogar viel mehr als ich.
Im Abteil gibt es vier Betten; zwei unten und zwei oben. Normalerweise kann man bequem sitzen. Da ich aber recht gross bin, klappte ich das obere leere Bett hinauf (welch ein Glück).
Die Fenster sind geschlossen, weil es eine Klimaanlage hat. Dadurch werden die Fenster je länger je dreckiger. Also keine hübschen Fotos aus dem Zug von der Taiga. Am Fenster hängen nette Gardinen, die aber die Sicht nach draussen massiv einschränken. Am besten gleich abmontieren oder irgendwo anbinden.
Es hat Licht und einen Lautsprecher, von dem man mit Radio berieselt wird, falls man nicht gerade in der Wildnis ist. Selbst mit meinem Weltempfänger hatte ich keine Sender hineingekriegt.
Pro Wagen gibt es zwei Toiletten und ein Samowar, aus dem man 90 Grad warmes Wasser für Tee, Kaffee oder Suppen herauslassen kann.
Zwei Provodnidsas sind für die Sicherheit der Gäste und die Sauberkeit des Wagens verantwortlich. Zwei Mal pro Tag wird gestaubsaugt und nach Bedarf Toiletten geputzt und Abfall geleert. Auf sie muss man auch achten, wenn man am Bahnhof spazieren geht. Die Abfahrt wird nicht angekündigt, sondern der Zug fährt einfach ab. Sie wissen am besten, was die Zeichen der bevorstehenden Abfahrt sind. Ein Schokoladengeschenk wirken Wunder.
Einen Speisewagen gibt es auch, der für das leibliche Wohl und die Geselligkeit da ist.
Hab einen Tag vor meiner Ankunft gehört, dass es auch einen Wagen mit Duschen gäbe. Hab aber nicht mehr danach gesucht.
Ich habe einen sehr guten Zug erwischt (Nr. 10). Mir mangelte nichts und die Angestellten gaben sich grosse Mühe. Hab gelesen, dass das nicht in jedem Zug der Fall ist.
Alle paar Stunden hält der Zug mal in einem Nirgendwo für 2 Minuten an, 2 – 3 Stopps pro Tag für 20 Minuten in grösseren Städten. Zeit, die Beine zu vertreten, einige Lebensmittel bei den fliegenden Händlern einzukaufen, vielleicht ein paar Süssigkeiten zu probieren und Fotos zu machen.
Landschaftlich sieht man fast nur Wald. Ab und zu ein paar Grasflächen, Hügel und Bäche. Man sieht auf dem Weg einige kleine Dörfer, die Häuser aus Holz haben und eine Naturstrasse.
Sehr viel Einsamkeit und Leere.
Man findet dadurch genügend Zeit, andere Leute kennen zu lernen, Karten oder Schach zu spielen und zu essen und zu trinken. Falls man immer noch Zeit hat, kann man noch was lesen. Am ersten Tag hab ich einen Thriller gelesen, aber seither nicht viel Nennenswertes.
Zeit hat noch eine andere Dimension. Alle Züge fahren nach Moskauer Zeit. Aber das Restaurant richtet sich generell nach Lokalzeit oder nach der Sympathie der Gäste. Uhren werden nach belieben umgestellt. Einige leben nach Moskauer Zeit (so wie ich. Wollte wissen, wo wir wann ankommen und wie viel Zeit ich habe). Andere nach Lokalzeit und ein paar nach ihrer eigenen Zeit. Zeit ist im Zug ein relativer Begriff.
Ich habe nun eine Woche Zeit, den Baikalsee zu besuchen und andere Dinge zu tun, bevor ich die nächste Etappe nach Ulan Bator in der Mongolei in den Angriff nehme. Ich hab hier auch keinen Natelempfang, somit keine SMS.
By ecki • Weltreise 2002/2003 0